Nachrichten 2023

von Wolfgang Menke

Leitfaden zu klinischen Studien nach MDR veröffentlicht

- Regulatorische Einordnung von klinischen Studien hat sich erheblich geändert                     

Prüfschemata erleichtern die Qualifizierung und Typisierung klinischer Studien/Prüfungen

Fachkreise sind zur Weiterentwicklung des Leitfadens eingeladen

Berlin, 13. Mai 2023. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierte Nationale Community-Portal Medtec Online (www.medteconline.de) hat heute den Leitfaden „Regulatorische Einordnung von klinischen Studien mit Medizinprodukten“ veröffentlicht. Der Medtec Online-Leitfaden soll Antragsteller und Prüfinstanzen bei der regulatorischen Einordnung von klinischen Studien unterstützen. Die Vorschriften hierfür haben sich durch die EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR) seit 2021 erheblich geändert. Zur Qualifizierung von Studien als klinische Prüfung nach Medizinprodukterecht und zu ihrer anschließenden Typisierung wurden im Austausch mit Vertreterinnen und Vertreter diverser Prüfinstanzen Prüfschemata entwickelt und im Leitfaden publiziert. Eine Beteiligung von Akteuren der Fachkreise an der Weiterentwicklung des Leitfadens ist möglich und erwünscht. Der Leitfaden ist ein Ergebnis des Strategischen BMBF-Dialogs „Klinische Machbarkeitsstudien“, der im Jahr 2022 auf Medtec Online durchgeführt wurde. Um seinen Referenzcharakter hervorzuheben, wurde der Medtec Online-Leitfaden parallel auf den Seiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zweitveröffentlicht.   

Der Nachweis der klinischen Machbarkeit ist ein oft gewählter Meilenstein in der Innovationsförderung, da er den Übergang von der Forschungsphase in die Produktentwicklung markiert. Klinische Machbarkeitsstudien waren daher bislang ein fester Bestandteil des Innovationsprozesses in der Medizintechnik und insbesondere auch der Forschungs- und Innovationsförderung. Mit Geltungsbeginn der EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR) und dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) im Mai 2021 hat sich allerdings die Rechtslage bei klinischen Machbarkeitsstudien mit innovativen Medizinprodukten grundlegend geändert. Produktzentrierte klinische Machbarkeitsstudien fallen nunmehr durchweg unter den Geltungsbereich des Medizinprodukterechts. Erhöhte regulatorischen Anforderungen und deren teilweise Vorverlagerung in die Forschungsphase können erhebliche Auswirkungen auf das Innovationsgeschehen haben. Vor diesem Hintergrund hat das BMBF im Rahmen eines strategischen Online-Dialogs die Fokusgruppe „Klinische Machbarkeitsstudien“ ins Leben gerufen. Ergebnis ist der nun veröffentlichte Medtec Online-Leitfaden. 

Qualifizierung und Typisierung klinischer Studien erfolgt anhand Prüfschemata 

Der Medtec Online-Leitfaden dient zur regulatorischen Einordnung solcher klinischen Studien, die in Deutschland grundsätzlich als klinische Prüfungen unter der MDR i.V.m. dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) in Betracht kommen könnten. Der Anwendungsbereich des Leitfadens erstreckt sich jedoch auf jedwede klinische Studie unter Einbezug von (Medizin-)Produkten, gleich ob in der Forschungs-, Entwicklungs- oder Marktphase.  

Neben den Prüfschemata als Kernstücke enthält der Medtec Online-Leitfaden einen Einblick in die regulatorischen Grundlagen, eine präzise Klärung des Anwendungsbereichs sowie vor allem zahlreiche praxisnahe Fallbeispiele und ein umfangreiches Frage-Antwort-Kapitel. Antragsteller finden im Anhang zudem Arbeitshilfen in Form von Vorlagen, Glossarbegriffen und Checklisten.   

Fachkreise sind zur Weiterentwicklung des Leitfadens eingeladen 

Der Medtec Online-Leitfaden ist als lebendes Dokument konzipiert und wird auf dem vom BMBF initiierten Nationalen Community-Portal Medtec Online fortlaufend weiterentwickelt. Im gleichnamigen Online-Projekt sind Fallbeispiele, Hinweise, Rückmeldungen und Fragen zum Leitfaden willkommen. Interessierte können sich hierzu unter medteconline.de kostenlos registrieren und im zugehörigen Online-Projekt anmelden. 

Leitfaden beruht auf Handlungsempfehlungen der BMBF-Fokusgruppe

An der Entwicklung des Medtec Online-Leitfadens beteiligt waren Vertreterinen und Vertreter von Ministerien, Behörden, Ethik-Kommissionen, spezialisierten öffentlichen wie privaten Dienstleistern und Fachanwälte. Diese hatten in der Fokusgruppe zuvor die Schaffung der notwendigen Transparenz hinsichtlich der regulatorischen Einordnung von Klinischen Machbarkeitsstudien mit Medizinprodukten für Antragsteller und Prüfinstanzen als zentralen Handlungsbedarf identifiziert. Ziel des Leitfadens ist es, einen Beitrag zu einer einheitlichen regulatorischen Einordnungs- und Auslegungspraxis aller Beteiligten zu leisten.  

 

Originalpublikation: 

Medtec Online-Leitfaden „Regulatorische Einordnung von klinischen Studien mit Medizinprodukten“. 
Eine Orientierungshilfe für Hersteller, Anwender, Prüfstellen, Forschungs- und Gesundheitseinrichtungen, Ethik-Kommissionen und Aufsichtsbehörden                                                                                                                   

Version 0.9 vom 14.04.2023 

Link zum Leitfaden: Nationales Community-Portal Medtec Online 
Link zum Leitfaden: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 

Medtec Online-Leitfaden Regulatorische Einordnung von klinischen Studien mit Medizinprodukten“. 
Eine Orientierungshilfe für Hersteller, Anwender, Prüfstellen, Forschungs- und Gesundheitseinrichtungen, Ethik-Kommissionen und Aufsichtsbehörden Version 0.9 vom 14.04.2023

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von Rudi Wuttke

Neueste Trends der angewandten Diabetestechnologie

Für insulinbehandelte Menschen mit Diabetes haben Technologie und Digitalisierung einen großen Stellenwert in der modernen Therapie erlangt: Ohne technische Hilfsmittel zur Glukoseselbst­kontrolle, zur Insulininjektion und dem dazugehörigen Datenmanagement wäre die Therapie insbesondere bei Diabetes Typ 1 heute undenkbar. Technische Innovationen und die fortschreitende Digitalisierung bieten den Betroffenen eine individualisierte Therapiemöglichkeit je nach Lebenssituation.

Ob bei Blutzuckermesssystemen, kontinuierlicher Gewebezuckermessung (CGM), smarten Insulinpens, Insulinpumpen, AID-Systemen oder Diabetes-bezogenen Apps – es gibt zahlreiche Neuentwicklungen in der Diabetestechnologie. Auf dem Diabetes Kongress 2023 diskutierten die Teilnehmenden über neueste Entwicklungen in diesem Bereich, aber auch über bestehende Barrieren, die Möglichkeiten der Digitalisierung adäquat auszuschöpfen und zu nutzen. Denn regulatorische Vorgaben verhindern einen konstruktiven Austausch verschiedener Institutionen wie Praxen, Kliniken und Krankenkassen, aber auch verschiedener Technologien untereinander. Daher fordern Expertinnen und Experten Interoperabilität, offene Schnittstellen sowie Plattformen zur Zusammenarbeit. 

Qualität klassischer Selbsttestgeräte ist noch gemischt – nichtinvasive Technik noch nicht geeignet für den Diabetesalltag

„Bei der klassischen Blutzuckerbestimmung mit Geräten zur Selbstmessung ist die Qualität der verfügbaren Produkte noch immer gemischt“, erklärte Dr. med. Sandra Schlüter, niedergelassene Diabetologin aus Northeim und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Technologie“ (AGDT) der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG): „Während es sehr genaue Messsysteme gibt, erfüllen einige auf dem Markt befindliche nicht die Anforderungen.“ In einer Studie wiesen drei von sieben Blutzuckermesssystemen, deren Teststreifen von gesetzlichen Krankenkassen zur Verschreibung empfohlen werden, nicht die erforderliche Präzision auf. „Für Furore sorgen immer wieder Innovationen zur nicht-invasiven Glukosemessung, die sich zum Beispiel spektroskopische Techniken mittels Infrarotlicht zur Glukosebestimmung zunutze machen“, erklärte Schlüter. Allerdings seien diese derzeit in der Regel für einen Einsatz im Diabetesalltag noch nicht geeignet.

Die Entwicklungen der Systeme zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung (CGM) gehen hin zu einer höheren Genauigkeit und Zuverlässigkeit, längerer Tragedauer und weniger Kalibrationen. Die Möglichkeit der CGM-Datenübertragung bietet Anwendenden zudem den Vorteil, sich kontaktlos von ihrem behandelnden Diabetesteam beraten zu lassen: „Diese Form der Telemedizin wurde vermehrt während der Corona-Pandemie genutzt, wird aber sicherlich auch zukünftig eine Rolle in der Praxis und Klinik spielen“, ist Sandra Schlüter überzeugt. 

Die meisten insulinbehandelten Menschen nutzen Insulinpens - die Entwicklung hin zu „smarten Pens“ ist in vollem Gange[

Die meisten insulinbehandelten Menschen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 benutzen zur Insulingabe einen Insulinpen. Die Diabetologin erklärt: „Die Entwicklung hin zu ‚smarten‘ Pens, beispielsweise mit Speicher-, Erinnerungs- oder Datenübertragungsfunktion ist in vollem Gange.“ Smarte Pens können ihre Daten in Apps übermitteln, welche wiederum Glukosemessdaten mit Insulindaten abgleichen, in einem Bolusrechner nutzbar machen und möglicherweise in naher Zukunft darauf abgestimmt Therapieempfehlungen geben können.

Ähnlich dynamisch ist die Entwicklung bei der automatisierten Insulindosierung (AID), die aus einem CGM-System, einer Insulinpumpe und einem Algorithmus zur Steuerung besteht. „Bei AID-fähigen Insulinpumpen mit kompatiblen CGM-Systemen kommt es derzeit noch zu Problemen bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen“, kritisierte Sandra Schlüter. „Wenn eine AID-fähige Insulinpumpe keine Kostenzusage für das dazugehörige CGM-System erhält, kann die Algorithmussteuerung nicht genutzt werden.“ 

Die Technik ist nicht unfehlbar – Schulung der Anwendenden ist wichtig

Für die korrekte Anwendung von Diabetestechnologien und den daraus gewonnen Daten sind intensive Schulungen und Beratungen unumgänglich. „Technik ist nicht unfehlbar und kann ausfallen oder fehlerbehaftet sein“, betonte Sandra Schlüter. „Für insulinbehandelte Menschen mit Diabetes ist es wichtig, sie zu verstehen, richtig einzusetzen, die korrekten Rückschlüsse für therapeutische Konsequenzen zu ziehen und im Notfall auch ohne sie ihre Selbsttherapie durchführen zu können.“ Auch für die Diabetesbehandlungsteams ändern sich die Anforderungen. „Das Fachpersonal benötigt regelmäßig unabhängige Fortbildungsmöglichkeiten und Angebote für eine strukturierte Weiterbildung“, forderte die Diabetologin (Nach einem Überblick über neue Entwicklungen und Trends in der Diabetestechnologie von Dr. med. Sandra Schlüter am 19. Mai 2023 auf der Kongress-Pressekonferenz zum Diabetes Kongress).

Quellen:
Pleus S, Baumstark A, Jendrike N et al. System accuracy evaluation of 18 CE-marked current-generation blood glucose monitoring systems based on EN ISO 15197:2015. BMJ open diabetes research & care 2020; 8. doi:10.1136/bmjdrc-2019-001067

Pleus S, Baumstark A, Jendrike N et al. Bewertung der Genauigkeit von Blutzuckermesssystemen, die von Krankenkassen zur Verordnung empfohlen werden, in Anlehnung an DIN EN ISO 15197: 2015. Diabetologie und Stoffwechsel 2021; 16; Vortrag, Diabetes Kongress 2021 - 55. Jahrestagung der DDG

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