Medizinprodukte-Telegramm Sonderausgabe 1/2019: Innovationen
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Medizinprodukte-Telegramm
Sonderausgabe 1 / 2019: Innovationen
aktuell + + + unabhängig + + + kostenfrei
Erscheinungsdatum: 12. Mai 2019
Auflage: 4.468 Exemplare
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Herausfordernd: Innovationen der „Zukunftsmedizin“
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Chancenreich: Optogenetik in der Medizintechnik
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Irritierend: Ungereimtheiten bei Brustkrebs-Bluttest
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Nachgefragt: Fachprogramm/Strategieprozess Medizintechnik
Forschung ist die Umwandlung von Geld in Wissen –
Innovation ist die Umwandlung von Wissen in Geld*)
*) zugeschrieben u.a. Dr. Alfred Oberholz, ehemaliger Vorsitzender des Verbandes der Chemischen Industrie
+ + + Innovationen der „Zukunftsmedizin“ + + +
Eine zu erwartende riesige Flut an medizinischen Innovationen und deren Konsequenzen für das Gesundheitswesen hat kürzlich die Veranstaltung „Organdrucker und Designerbabys: Wird unsere Gesundheit neu erfunden?“ der Robert-Bosch-Stiftung am 8. Mai 2019 in Berlin thematisiert und diskutiert. Über das Ereignis hat als erstes Medium das Deutsche Ärzteblatt in ihrer online-Ausgabe kürzlich ausführlich berichtet. Zwar hat die Veranstaltung primär spektakuläre vor allem digitale und biologische Methoden der „Zukunftsmedizin“ wie 3D-Druck und Genschere als Beispiele angesprochen, die Diskussionen und Aussagen sind jedoch auch für die bisherige klassische Medizintechnologie von hoher Relevanz.
So kann eine sehr hohe Rate an technologischen und medizinischen Innovationen große Anforderungen an das Gesundheitswesen stellen. Viele neue Technologien werfen grundlegende ethische, ökonomische, rechtliche und sozialmedizinische Fragen auf, für welche auch im Sinne der Patientinnen und Patienten zukunftweisende Antworten und tragfähige Lösungen gefunden werden müssen. Praktiker aus dem derzeitigen System warnten aber auch davor, die großen Zukunftsfragen schon jetzt überzubetonen, wo derzeit noch nicht einmal eher banaler technologischer Kleinkram geregelt ist.
+ + + Optogenetik in der Medizintechnik + + +
Speziell mit den Chancen einer Anwendung der Optogenetik, also der Steuerung der Genexpression durch Licht, hat sich die Bundesregierung im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP befasst (Bundestag, Drucksache 19/9722).Als breite Palette möglicher Anwendungen der Optogenetik in der Medizin nennt die Fraktion u.a. die Hirnstimulation bei Parkinson-Patienten, lichtgesteuerte Herzschrittmacher, Implantate für das Innenohr, die Wiederherstellung des Sehvermögens bei bestimmten Netzhauterkrankungen oder die Behandlung neurologischer Störungen,wie mancher Formen der Epilepsie, Parkinson oder Schlaganfall. Dabei könne die Optogenetik als Verfahren gegenüber Medikamenten und anderen bisherigen Behandlungsmethoden wie die Hirnstimulation vorteilhaft sein, da sie spezifischer wirke und oft deren Nebenwirkungen vermeiden könne.
Nach Auffassung der Bundesregierung befindet sich das Forschungsfeld der Optogenetik überwiegend noch im Bereich der Grundlagenforschung. Zunehmend würden aber auch therapeutisch relevante Ansätze mit Fokus auf Makuladegeneration, Parkinson, Schlaganfall und Epilepsie verfolgt. Auch wenn Anzahl und Arten an neuen und verbesserten optogenetischen Werkzeugen kontinuierlich zunähmen, seien noch einige Herausforderungen im Bereich der Grundlagenforschung zu überwinden. Dazu gehörten insbesondere die geringe Eindringtiefe des Lichts und die Verwendung von viralen Vektoren zur Übertragung auf menschliche Zellkulturen (S. 2, Mitte).
Konkrete Anwendungen sind nach den Ausführungen der Bundesregierung bislang in der Medizin aufgrund nur weniger Humanstudien und der Zulassungsbestimmungen lediglich in wenigen Fällen schon relevant. Hier gelte es, in ausgewählten Anwendungen die grundsätzliche Machbarkeit aufzuzeigen: Dies war Inhalt des vom BMBF geförderten Projekts „Lichthören zu optischen Cochleaimplantaten“, welches zum Nachfolgeprojekt „Optical-CI“ führte, bei dem sich bereits ein KMU als Hersteller von Hörimplantaten assoziiert beteiligte. Die Ergebnisse der Arbeiten werden zudem aktuell als Exponat im InnoTruck der breiten Öffentlichkeit vorgestellt (s. S. 7, Mitte).
+ + + Ungereimtheiten bei Brustkrebs-Bluttest + + +
Am 21. Februar 2019 haben das Universitätsklinikum Heidelberg und die von ihr ausgegründetete HeiScreen GmbH bekannt gegeben, dass sie einen „ersten marktfähigen Bluttest für Brustkrebs“ entwickeln, der auf der Basis von Biomarkern arbeitet, indem er Botenstoffe von Tumoren in Proben untersucht. Die Pressemitteilung vom gleichen Tag, die (korrekterweise) mit Hinweisen auf zusätzliche Informationen zu ihr immer noch auf der Webseite des Klinikums einsehbar ist, spricht von einem „Meilenstein der Brustkrebsdiagnostik“ und lobt ansonsten die Einrichtung, das Verfahren und den Bluttest selbst (schonend, da wenig schmerzhaft und zudem ohne Röntgen). Auch wird auf das Vorliegen von Patenten und eine Markteinführung noch in diesem Jahr verwiesen, wofür eine CE-Zertifizierung bereits begonnen haben soll.
Auch wenn die Zahlen selbst wohl nicht geschönt waren: Eine seriöse und wissenschaftlich fundierte Bekanntmachung sieht etwas anders aus. Aber Klappern gehört auch in der Medizin inzwischen zum Handwerk, insbesondere wenn es um Fördermittel geht oder – wie in diesem Fall – um eine kommerzielle Verwertung.Die Uniklinik Heidelberg, der Direktor der Frauenklinik und die Herstellerfirma mussten für ihre nach Auffassung von vielen Forschern und Klinikern viel zu optimistischen Einschätzungen herbe Kritik u.a. von Fachgesellschaften und Politikern einstecken. Die Uniklinik hat sich entschuldigt und eine Untersuchungskommission eingesetzt. Auf ihrer Webseite spricht sie inzwischen von „potentiellen Bluttests zur Brustkrebsdiagnostik“.
Die „Affäre“ wurde auch dadurch weiter befeuert, dass der Klinikdirektor und seine Oberärztin nicht unwesentliche Anteile an der ausgegründeten HeiSreen GmbH und einem chinesischen Unternehmen aus deren Umfeld halten. Die Rolle der „bösen Buben“ in diesem Stück wird der Tranferstelle und der ausgegründeten Gesellschaft zugewiesen. Verlierer sind die ausgebooteten und größtenteils nicht mehr an der Klinik beschäftigten Wissenschaftler, welche die ursprüngliche Forschungsarbeit geleistet haben. Inzwischen hat eine auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen eingeleitet (Quellen: Rhein-Neckar-Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Deutsches Ärzteblatt u.a.).
+ + + Fachprogramm/Strategieprozess Medizintechnik + + +
Die FDP-Fraktion möchte in einer Kleinen Anfrage (Bundestag, Drucksache 19/9587) erfahren, welche konkreten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der nationale Strategieprozess „Innovationen für die Medizintechnik" der Bundesregierung aus den Jahren 2011 und 2012 ergeben hat, und wie diese umgesetzt wurden. Auch interessiert die Fraktion, welche Formate es nach Kenntnis der Bundesregierung seitdem zur Umsetzung und Weiterführung des Strategieprozesses Medizintechnik gibt und wie die Bundesregierung die aus dem Strategieprozess hervorgegangene nationale Innovationsplattform Medizintechnik bewertet.
Bei einer Durchsicht der Fragen fällt eine starke Betonung von Schlüsseltechnologien auf (Fragen 15., 18., 21. und 23.), auf die man früher solche Forschungsvorhaben ganz stark abgestellt hat. Beim derzeitigen Fachprogramm Medizintechnik des Bundesforschungsministeriums wird inzwischen aber mehr dem Patientennutzen eine sehr große Bedeutung eingeräumt, was als Fortschritt anzusehen ist.Zudem erkundigt sich die Fraktion der FDP u.a. nach einer möglichen Beteiligung von Unternehmen/Verbänden der Medizintechnologie-Branche (Frage 10), was als eine für diese Partei naheliegende Frage anzusehen ist. Etwas irritierend allerdings die nachfolgende Frage 11: „Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei der Weiterführung des Strategieprozesses zu beteiligen?“ In Frage 14 datieren die Fragesteller selbst das Ende des Strategieprozesses auf das Jahr 2016 (ob nun zutreffend oder nicht, sei dahingestellt). Ferner dürfte das Prinzip der Gewaltenteilung einem solchen Ansinnen Grenzen setzen. Ansonsten werden wir in einem der nächsten Newsletter relativ zeitnah über die wesentlichen Antworten der Bundesregierung zu dieser Anfrage berichten.
Trotz aller spannenden Ideen für die Zukunft konzentriert sich unser Redaktionsteam erst einmal auf die innovative Medizintechnik und die sie aktuell betreffenden disruptiven Ansätze im Hier und Heute, mit den papiernen Medizintechnik-Akten der vergangenen Jahrzehnte im Archiv und allen möglichen spektakulären Entwicklungen der Medizintechnik-Zukunft im Hinterkopf. Oder, wie es Friedrich von Schiller einst schon sehr viel kürzer und trefflicher formulierte: „In dem Heute wandelt schon das Morgen.“ Wir hoffen, da gehen Sie mit.
In diesem Sinne
mit freundlichen Grüßen aus Berlin-Schöneberg
Wolfgang Menke
Innovatives Investment
+ + + Therapiewagen zwischen Rollstuhl und Rollator + + +
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Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen.
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