Medizinprodukte-Telegramm 2-1 / 2020
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Medizinprodukte-Telegramm 2-1 / 2020
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Erscheinungsdatum: 15. Februar 2020
Auflage: 4.531 Exemplare
- Bundesrat: Länderkammer sieht EU-Anpassungsgesetz kritisch
- Bundestag: Gegenäußerung der Bundesregierung liegt vor
- Bundestag: Antwort auf Anfrage zum Nadelöhr bei der Zertifizierung
- Bundesärztekammer: Labor-Richtlinie Rili-BÄK wurde überarbeitet
- BVMed: MDR-Flyer für medizinische Einrichtungen erschienen
- BMG: Entwurf zur Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung
- Anwendung: Hautkrebs-Apps, digitale Pflegehelfer, App-basierte Sprechtherapie, VR zur Angsttherapie, digitale Sprachassistenten
- Antworten Bundesregierung: MPEUAnpG, EUDAMED, Datenschutz
- Neue Dokumente: MDCG 2019-13 bis 2019-16, CND-Nomenklatur
Medizinprodukte-Anpassungsgesetz im Gesundheitsausschuss:
Liebe Leserinnen und Leser,
nachdem die erste Beratung des Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetzes im Bundestag und sein erster Durchgang im Bundesrat noch im letzten Jahr erfolgt sind, hat zwischenzeitlich auch die Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Bundestages stattgefunden, deren Protokoll bereits hinterlegt ist. Zudem wurden auch umfangreiche schriftliche Stellungnahmen vorgelegt.
Vertreter von Industrie und Gesundheitshandwerk warnten vor ausufernder Bürokratie und Überforderung hiesiger Firmen. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit zeigte sich besorgt wegen möglicher Kapazitätsengpässe. Die Bundesärztekammer hat zunehmende Dokumentations- und Meldepflichten sowie Haftungsrisiken moniert. Die Krankenkassen forderten insbesondere Maßnahmen für mehr Transparenz bei Produktfehlern. Der MDS hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, das Meldeverhalten von Anwendern bei Vorkommnissen und Verdachtsfällen zu verbessern. Zudem hat es sich dafür ausgesprochen, Sonderzulassungen ohne Konformitätsbewertung auf entsprechende Sonderfälle zu beschränken.
Die Kompetenzverlagerung bei der Risikobewertung von den Landesbehörden zu BfArM und PEI fanden in der Anhörung Zustimmung (u.a. von AOK und BVMed). BfArM und PEI können die erforderlichen Maßnahmen in Zukunft selber festlegen und durchführen. Die Verlagerung von Länderkompetenzen zu den Bundesoberbehörden sieht allerdings der Bundesrat als Länderkammer ausgesprochen kritisch, wie eigentlich auch nicht anders zu erwarten. Die Bundesregierung teilt die erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken zwar nicht, will aber die Änderungsvorschläge des Bundesrates prüfen (Einzelheiten siehe erster Beitrag). Die zweite und dritte Lesung im Bundestag finden voraussichtlich im März und die zweite Behandlung im Bundesrat im April 2020 statt.
Mit freundlichen Grüßen aus Berlin-Schöneberg für die Redaktion des Medizinprodukte-Telegramms
Wolfgang Menke
VORSCHRIFTEN
+ + + Bundesrat sieht Anpassungsgesetz teilweise kritisch + + +
Das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz dient unter anderem der technischen Anpassung an die EU-Verordnungen 2017/745 und 2017/746. Der Bundesrat hat praktische Verbesserungen durch die geplante Anpassung bezweifelt und befürchtet Nachteile für deutsche Hersteller und Verbraucher. Insbesondere die Übertragung von Länderkompetenzen auf die Bundesoberbehörden stelle bewährte Verfahren und Verantwortlichkeiten in Frage, ohne den Schutz der Patienten zu verbessern. Die daraus entstehende Bürokratie und Rechtsunsicherheiten belasteten die Unternehmen der Branche. Der Bundesrat hat darum gebeten, die beabsichtigten Regelungen grundlegend zu überprüfen und „insbesondere auch die sachgrundlosen Zentralisierungsbestrebungen im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zu überarbeiten" (nach Bundestag, hib 45/2020).
In ihrer Gegenäußerung hat die Bundesregierung auf die 55 Punkte der ausführlichen Stellungnahme der Länderkammer relativ differenziert geantwortet. Etwa je ein Drittel der Fälle kann man als uneingeschränkte oder zumindest ganz überwiegende Zustimmung oder Ablehnung einordnen. Bei dem übrigen Drittel wurde noch keine Entscheidung aufgeführt, weil einzelne Sachverhalte noch näher geprüft werden mussten.
Die Bundesregierung hat in ihrer Erwiderung erklärt, die vorgesehene Aufgabenübertragung an die Bundesoberbehörden sei verfassungsgemäß. Die Aufgaben der zuständigen Bundesoberbehörden und die der zuständigen Behörden der Länder seien klar gegeneinander abgegrenzt. Dennoch werde die Bundesregierung die Änderungsvorschläge des Bundesrates zum Zuständigkeitskonzept prüfen (hib 45/2020).
+ + + Antwort auf Anfrage zur Situation bei der Zertifizierung + + +
Die Abgeordnete Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) hat in der 142. Sitzung des Bundestages am 29. Januar 2020 nach Bestrebungen und Maßnahmen gefragt, um das bevorstehende Nadelöhr bei der Zertifizierung von Medizinprodukten abzuschwächen. Die Parl. Staatssekretärin Sabine Weiss hat darauf folgendermaßen geantwortet „Die Bundesregierung setzt sich weiterhin dafür ein, dass zum Geltungsbeginn der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745 (MDR) am 26. Mai 2020 ausreichend Benannte Stellen neu notifiziert sind und die notwendigen Zertifizierungsaufgaben erfüllen können.“ Auch hat die Staatssekretärin auf das 2. Korrigendum zur MDR verwiesen, mit dem nach Auffassung der Bundesregierung „ein entscheidender Schritt zur Entlastung der Benannten Stellen erreicht werden“ konnte.
+ + + Neufassung der Labor-Richtlinie Rili-BÄK liegt vor + + +
Die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK) ist überarbeitet worden. Die Anforderungen der inzwischen vorliegenden Neufassung sind spätestens zwei Jahre nach ihrem Erscheinen zu erfüllen. Ihre Standards sind durch den Verweis auf sie in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) für Kliniken und Praxen verbindlich. Die Neufassung enthält neben redaktionellen Klarstellungen und Konkretisierungen auch wesentliche inhaltliche Änderungen und Ergänzungen: Im Qualitätsmanagement-Kapitel sind Anpassungen an neu gefasste Normen notwendig geworden, in den speziellen Teil B wurden weitere Messgrößen aufgenommen. Nähere Hinweise zu den Änderungen sind einem Beitrag im Deutschen Ärzteblatt zu entnehmen.
+ + + Prägnante MDR-Information für medizinische Einrichtungen + + +
An Kliniken, Heime, Arztpraxen und andere medizinische Einrichtungen richtet sich der neue MDR-Infoflyer des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) „Anwendung und Status der neuen europäischen Verordnung über Medizinprodukte 745/2017 (MDR)“. Der Flyer informiert Betreiber und Anwender von Medizinprodukten zielgruppengerecht über die Umstellung auf den neuen Rechtsrahmen, die Verwendbarkeit von Bestandsprodukten und die Übergangsfristen. Danach sind Medizinprodukte, die bereits verwendet werden oder die sich bereits im Bestand oder im Lager von medizinischen Einrichtungen befinden, von den neuen Vorschriften der MDR nicht betroffen.
Bei einer Beschaffung ist in Zukunft Folgendes zu beachten: Produkte, für die unter dem bisherigen Rechtsrahmen (EU-Richtlinien MDD/AIMDD) eine Benannte Stelle für die Konformitätsbewertung einbezogen werden musste, können von einer Übergangsfrist bis maximal Mai 2025 Gebrauch machen. Diese Produkte können mit den bestehenden Richtlinienzertifikaten weiterhin bereitgestellt und von einer Gesundheitseinrichtung erstmalig genutzt werden. Voraussetzung für diese Übergangsfrist ist aber unter anderem eine fortbestehende Gültigkeit der Richtlinienzertifikate, die maximal fünf Jahre beträgt. Medizinprodukte, die Einrichtungen ab dem 26. Mai 2025 erwerben, dürfen nur noch unter dem neuen Rechtsrahmen (MDR) in den Verkehr gebracht werden, stellt der Flyer abschließend klar.
DIGITALISIERUNG
+ + + Entwurf Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung + + +
Der Bundesrat hat bereits Ende November 2019 das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) gebilligt, welches der Bundestag zuvor bereits beschlossen hatte. Noch in diesem Jahr sollen Ärzte an gesetzlich Versicherte Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) wie bestimmte Apps verschreiben können. Zur Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben hat das Bundesministerium für Gesundheit kürzlich die Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) als Referentenentwurf vorgelegt.
Nach dem vorliegenden Entwurf sollen eine konkrete Benennung der Anforderungen an Funktionstauglichkeit, Sicherheit, Qualität, Datenschutz und -sicherheit sowie eine „Operationalisierung der rechtlichen Anforderungen in verständlichen Prüfanforderungen“ den Herstellern gestatten, die Anforderungen bereits bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen und umzusetzen. Es sollen nur solche DiGA in die Erstattung gelangen, die einen medizinischen Nutzen oder patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen in der Versorgung und somit positive Versorgungseffekte nachweisen können.
+ + + NEUE ARTIKEL NICHT NUR FÜR ANWENDER + + +
Studie: Smartphone Apps können Hautkrebs kaum erkennen
Smartphone-Apps werden als Frühwarnsysteme für Hautkrebs beworben. Der klinische Nutzen der Algorithmen ist jedoch kaum untersucht und die wenigen publizierten Ergebnisse werfen laut einer systematischen Übersicht im Britischen Ärzteblatt kein günstiges Licht auf die Apps (nach aerzteblatt.de).
Rechtsgutachten empfiehlt digitale Pflegehelfer als Kassenleistung
Pflegekassen sollten digitale Systeme mit pflegeunterstützender Wirkung erstatten. Das hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kürzlich unter Bezug auf ein aktuelles Rechtsgutachten gefordert (nach aerzteblatt.de).
Betriebskrankenkassen übernehmen App-basierte Sprechtherapie bei Kindern
Erhalten Kinder wegen einer Artikulationsstörung eine logopädische Behandlung, ist neben den Stunden mit den Logopäden das Eigentraining zuhause für den Erfolg bedeutsam. Die Vertragsarbeitsgemeinschaften der Betriebskrankenkassen (BKK VAG) unterstützt Kinder und ihre Eltern nun dabei, indem sie die Kosten für ein App-basiertes Sprechtraining namens „Neolino“ übernimmt (nach aerzteblatt.de).
Angsttherapie in der virtuellen Realität
Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK) können sich bei Angststörungen künftig auch digital in den eigenen vier Wänden behandeln lassen. Die Grundlage dafür bildet eine Therapie, die auf Virtual Reality (VR) und einer App basiert (nach aerzteblatt.de).
Digitale Sprachassistenten als Hilfe für blinde Menschen
Die Digitalisierung bringt blinden und sehbehinderten Menschen große Erleichterungen im Alltag. Es soll inzwischen mehr als hundert barrierefreie Apps als Alltagshelfer geben (nach aerzteblatt.de).
+ + + AKTUELLE ANTWORTEN DER BUNDESREGIERUNG + + +
Entwurf zum Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz – MPEUAnpG
Deutscher Bundestag, Drucksache 19/16739, 23.01.2020
Deutscher Bundestag, Drucksache 19/16705, 22.01.2020
Datenschutz und IT-Sicherheit im Gesundheitswesen
Deutscher Bundestag, Drucksache 19/16228, 23.12.2019
+ + + NEUE EU-DOKUMENTE ZU MDR/IVDR + + +
The CND Nomenclature – background and general principles
Stand: 10. Januar 2020
The European Medical Device Nomenclature (EMDN) –
the nomenclature of use in EUDAMED
Stand: 10. Januar 2020
Guidance on Cybersecurity for medical devices – December 2019
Guidance Notes for manufacturers of Class I medical devices – December 2019
Explanatory note on MDR codes – December 2019
+ + + AKTUELLE VORTRAGSFOLIEN + + +
1. Dezember 2019, hih – health innovation hub
Dr. Wolfgang Lauer, Dr. Wiebke Löbker (Stand: 11/2019)
Unterstützung für (digitale) Innovationen durch das BfArM
+ + + Medizintechnikportal-Linktipp + + +
Vorletzte Ausgabe 2019: Newsletter 12-1 / 2019
+ + + Medizintechnikportal-Klickfavorit + + +
Konsequenzen von MDR/IVDR für Anwender und Betreiber
+ + + WICHTIGE VERANSTALTUNGEN + + +
31. März bis 2. April 2020 (täglich 10:00 - 17:00 Uhr), Nürnberg
IMPRESSUM
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