44 Todesfälle in Zusammenhang mit Bauchgurten

von Rudi Wuttke

Altenheimbewohner und Klinikpatienten werden hängen gelassen

Bereits im Jahre 2003 sah sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veranlasst, eine Empfehlung zu Bauchgurten für die Patientenfixierung im Bett herausgegeben. Kürzlich hat die Bonner Bundesoberbehörde eine aktuelle Auswertung von Vorkommnissen in Zusammenhang mit solchen Produkten veröffentlicht.
 
Es wurden insgesamt 44 Vorkommnisse einbezogen, bei denen mit einem Bauchgurt im Bett fixierte Patienten tot an oder vor ihren Betten aufgefunden wurden und bei denen der Verdacht auf einen Zusammenhang mit dem Fixiersystem nicht ausgeschlossen werden kann. Die Vorkommnisse traten zwischen Januar 1999 und Februar 2012 auf und sind dem BfArM zum überwiegenden Teil aus polizeiinternen oder staatsanwaltschaftlichen Unterlagen bekannt geworden.
 
Art und Umstände der Fixierung
Die von diesen Unfällen betroffenen Produkte bestehen aus

  • einem Bettgurt, der quer über die Matratze verläuft,
  • einem Bauchgurt, der an dem Bettgurt befestigt ist und dem liegenden Patienten um die Taille geschlossen wird und
  • zwei Seitenriemen, mit denen bei korrekter Anwendung der Bauchgurt rechts und links mit dem Bettgurt verbunden wird.

Überwiegend sind die Fälle in professionellen Einrichtungen wie Kliniken und Krankenhäusern (16) sowie Alten- bzw. Pflegeheimen (27) aufgetreten, lediglich ein Fall stammt aus einem Privathaushalt. In 27 Fällen lag eine ärztliche Verordnung oder richterliche Anordnung zur Fixierung vor oder die Patienten hatten in die Fixierung eingewilligt. Die Zeitspanne zwischen dem Auffinden der verstorbenen Patienten und der letzten Kontrolle betrug, soweit ermittelbar, im Durchschnitt bei etwa 2 ½ Stunden.
 
Die Umstände der Fixierung und die Frage, ob die Fixierung der Patienten „gerechtfertigt“ war, unterliegen nicht der Bewertung des BfArM.
 
Auffindpositionen und Todesursachen
Alle tot aufgefundenen Patienten hatten das Bett ganz oder teilweise verlassen. Obwohl die Todesursache nicht immer eindeutig zu klären war und bei einigen Fällen vermutlich auch ein Einfluss der Grunderkrankungen bestand, konnten bezüglich von vier typischen Auffindpositionen schwerpunktmäßig zwei unterschiedliche Todesursachen festgestellt werden: Bei der halbsitzenden und knienden Position war der Gurt häufig in den Thoraxbereich gerutscht, so dass der Tod meist durch Blut- und Sauerstoffminderversorgung des Körpers erfolgte. Bei der hängenden Position und in Kopftieflage stand der Tod oft  in Zusammenhang mit Herz-Kreislaufversagen oder Aspiration.

Korrekte Anwendung des Systems
Bei korrekter Anwendung der Gurte sollen die beiden Seitenriemen angebracht sein und das Bettgitter hochgestellt werden. Darauf wird u. a. in den Produktunterlagen hingewiesen. Nach Auffassung des BfArM wurde eine wesentliche Maßnahme zur Prävention derartiger Unfälle bislang noch nicht konsequent umgesetzt, nämlich Bauchgurte zur Patientenfixierung im Bett nur noch derart zu konstruieren, dass eine kopfwärts gerichtete Gurtverlagerung vermieden wird. Der Schutz gegen Seitwärtsverlagerung soll dabei bestehen bleiben.
 
Das BfArM weist daher nochmals explizit auf den konstruktionsbezogenen Aspekt seiner Bewertung aus 2003 hin: Bauchgurte zur Patientenfixierung im Bett haben konstruktiv sicherzustellen, dass sie sich nicht von der Taille aus weiter kopfwärts verlagern können. Zudem hat die Gurtkonstruktion auch eine Verlagerung des Patienten über die Bettkante hinaus zu verhindern. Fixiergurte, welche diese Eigenschaften nicht aufweisen, sind nicht mehr anzuwenden oder sind entsprechend nachzurüsten.
 
Die Kontrolle der Umsetzung der Maßnahmen sowie die Überwachung von Betreibern und Einrichtungen haben nach dem deutschen Medizinprodukterecht durch die Landesbehörden in eigener Zuständigkeit zu erfolgen. Schau’n wir mal.
 
Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte der ausführlichen Auswertung und Empfehlung des BfArM:
 
Aktualisierte Auswertung des BfArM von Vorkommnissen in Zusammenhang mit Bauchgurten
http://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/riskinfo/empfehlungen/bauchgurte_vk_2012.html
 
BfArM-Empfehlung bezüglich Bauchgurt-Fixierungsystemen (24.9.2012, Vorgangsnummer 1816/12)
http://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/riskinfo/empfehlungen/bauchgurte_2012.html

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