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Frauen an die Macht

von Ingo Nöhr

Ingo Nöhr zum 1. Oktober 2024

Angesichts der Schlagzeilen der letzten Monate könnten unbeteiligte Beobachter eines fremden Planeten den Eindruck bekommen, dass auf der Erde eine Endzeithysterie bevorsteht. Der Rückfall in uralte Stammesriten von Rachegelüsten, Ausbrüche von eskalierenden Kriegen, ein panisch lügender Expräsident, der Verfall von Moral und Anstandsregeln, begleitet von zunehmend dramatischen Auswirkungen der Klimakatastrophe. Ein überwiegender Anteil der Weltbevölkerung tritt in diesem Geschehen fast nur als Opfer in Erscheinung: Frauen und Kinder – eigentlich die Zukunft der Gesellschaft. Die meist männlichen Verlierer drängen nun an die Macht.  Hat Ingo diese Entwicklung nicht schon vor exakt sieben Jahren vorausgesehen?

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Mein lieber Ingo, meinst du nicht auch, dass wir uns auf das neue Zeitalter der Frauenmacht hinbewegen? Neulich las ich auf einer Männertoilette diesen Spruch: „Auch Gott lernte dazu: Man merkt dies an den Verbesserungen bei der Erschaffung der Frau gegenüber des Mannes.“ Stammt wohl von Zsa Zsa Gabor und war mit zarter Frauenhand geschrieben! Auf der Männertoilette!! Verstehst du? Sie kreisen uns ein!

  • Na ja, Jupp, ich habe gegen Frauen eigentlich nichts einzuwenden. Ich halte sie im Sozialleben generell für intelligenter. Ich kenne nämlich auch ein Zitat von der Gabor: „Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können.“ Und wenn ich mir die gegenwärtige Politik im Weltgeschehen anschaue, muss ich zähneknirschend feststellen, dass es nur die Männer sind, die ihre steinzeitlichen Aggressionen in mörderischen Kriegen ausleben. Insofern kann ich bei diesem Thema schon eine moralische Verbesserung bei den Frauen erkennen. Sie wollen ja letztendlich auch nicht ihre eigenen Kinder in die Schlacht schicken.

Dein Gabor-Zitat passt ja gut zum aktuellen Wahlkampf in den USA: Kamala Harris gegen Donald Trump. Mit ihr ist sein schlimmster Alptraum Realität geworden. Jetzt geht ihm langsam das Vokabular an Schmähungen aus: Migranten bezeichnete er als „Tiere“, die den US-Bürgern die niedlichen Haustiere wegfressen und Kamala Harris als „geistig behindert“, sogar schon seit Geburt. Dumm nur, dass sich daraufhin Popstar Taylor Swift mit 284 Millionen Followern hinter Kamala stellt. Gemeinsame Frauenpower.

  • Jupp, wir haben noch eine Frau, die eine noch größere Schar an Leuten repräsentiert, wenn auch nicht immer als Fangruppe: „Flinten-Uschi“. Ursula von der Leyen als Präsidentin der 27 EU-Kommissare und Chefin von 32.000 EU-Beamten besitzt einen exekutiven und teilweise legislativen Einfluss über 450 Millionen EU-Bürger in 27 Staaten. Im Europäischen Rat trifft sie auf nur drei Geschlechtsgenossinnen: die Regierungschefinnen von Italien, Dänemark und Lettland.

Aber das kann sich ja ändern, wenn in einem Jahr, genau am 28. September 2025, ein neuer Bundestag gewählt wird und plötzlich unsere Alice Weidel als erfolgreiche Kanzlerkandidatin auftaucht.

  • Vermutlich hat bereits Angela Merkel diesen Trigger von Frauenpower gesetzt. Wie würde unser Stammtisch wohl mit einer Frauenbesetzung aussehen? Hanne Wieder hat mal gesagt: „Dass die Frauen das letzte Wort haben, beruht hauptsächlich darauf, dass den Männern nichts mehr einfällt.“

Ein Erfolgsrezept. Vielleicht flüchtet sich unsere „Flinten-Uschi“ als erste Generalsekretärin ins NATO-Hauptquartier. Da hat sie dann 3,5 Millionen Soldaten aus 32 Staaten unter sich. Möglicherweise wurde aber schon vorher die störrische Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf diesen Stuhl hingelobt.

  • Nun ja, Jupp, nicht gerade eine pazifistische Idealbesetzung. Aber lass uns doch noch mal das gruselige Szenario ausmalen. Was machen wir mit unserer Anna-Lena Baerbock? Das Außenministerium wird sich doch sofort Sahra Wagenknecht schnappen. Da Anna-Lena wegen ihrer störenden Feminismus-Mission kaum UNO-Präsidentin werden könnte, hätte man vielleicht Verwendung als Uno- oder Unicef-Botschafterin? Da käme ihr die große Reiseerfahrung zugute.

Lass uns das Grauen noch weiter ausbreiten, Ingo. Björn Höcke könnte als Innenminister alle Migranten auf einer einsamen Insel aussetzen und dort die Reichsbürger mit dem proklamierten König von Deutschland als Regierung einsetzen. Damit hätte er gleich mehrere Störfälle gelöst.

  • Ohh, da bekommt aber der Verbandschef der Unikliniken Deutschlands, Jens Scholz, sofort heftige Zahnschmerzen. Allein in seinem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein arbeiten mehr als tausend Menschen aus 120 Nationen. Auch in der Forschung leben wir vom wissenschaftlichen Austausch mit anderen Nationen, ohne dem geht es nicht.

Nach der letzten Zählung von 2023 leben bei uns 14 Millionen nichtdeutsche Bürger. Da käme nur Grönland als bald abgetaute Insel in Betracht. Allerdings würden bei diesem Schwund in unserem Land alle Dienstleistungen flächendeckend zusammenbrechen. Gibt es noch jemanden mit einem gesunden Menschenverstand in dieser Debatte?

  • Jupp, schon. Es gilt also: Siegen lernen heißt von den Frauen lernen. Nimm nur mal den raketenartigen Aufschwung des Bündnisses Sahra Wagenknecht – BSW. Bekannt durch unzählige Talkshows, wo sie sich immer wacker geschlagen hat. Kennst du irgendwelche andere Vertreter des BSW, die für eine strategische Ausrichtung stehen?

Nun ja, Ingo, wann war denn überhaupt ausreichend Zeit für eine Strategieentwicklung? Im Mai dieses Jahres fand eine Bundestagsdebatte zur Krankenhausreform nach den Plänen von Karl Lauterbach statt. Unsere wackere Sahra warf ihm vor: dass sein „Generalangriff auf die Versorgung von Patienten in Deutschland die Zerstörung des öffentlichen Gesundheitswesens und ein massiver Angriff auf die soziale und demokratische Republik“ sei. Sie will mit einem Sofortprogramm das System retten und möglicherweise taucht in einem der drei Länder in Kürze ein BSW-Gesundheitsminister auf, der uns dann sein Patentrezept verrät. Zumindest soll die Privatisierung gestoppt werden, das findet auch die AFD in ihrem Parteiprogramm.

  • Ja, da wird Lauterbacher-Karl wohl schlechte Karten bei der Regierungsbildung haben. Vielleicht kann man ihn in das neu gegründete Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin, kurz: BIPAM, abschieben. Er bekäme eine neue Herausforderung: die Lebenserwartung ist in Deutschland niedriger als in fast allen anderen Ländern in Westeuropa. Wir haben die zweitniedrigste Lebenserwartung in Westeuropa bei Frauen und die niedrigste bei Männern. Das ist doch mal eine Aufgabe, die ihn wieder fordern wird. Viel anrichten kann er dabei nicht: er bekommt nur 14,5 Millionen Euro pro Jahr, soviel kostet gerade mal ein halber Leopard-Panzer. Was erwartet uns denn von den künftigen AFD-Gesundheitsministern?

Nicht viel Aufregendes. Zur Europa-Wahl haben sie in ihrem Programm auch eine Seite zur Gesundheitspolitik verkündet: keinen Einfluss mehr von der EU und der WHO, keine Impfpflicht und alle Corona-Impfungen stoppen, keinen Versandhandel von rezeptpflichtigen Arzneimitteln, kein Recht mehr auf Geschlechtsangleichung oder -umwandlung, Ersatz der DSGVO durch einen „bürgerfreundlichen Datenschutz“. Den Beruf des Heilpraktikers bewahren, alles medizinische Personal soll gut Deutsch sprechen und nach deutschem Standard qualifiziert sein. Und in der Medizintechnik wollen sie die MDR abspecken und Bestandschutz für alle alten Geräte gewähren.

  • Du hast Recht, nicht umwerfend. Jupp, da gibt es bessere Aufreger: in letzter Konsequenz Austritt aus der EU, Abschaffung des Euro, Einführung der Wehrpflicht, Aufrüstung der Bundeswehr, mehr Kinder und die Rettung des traditionellen Familienbildes. Aber wie du weißt, bin ich kein Pessimist. Unsere Gesellschaft ist ein komplex-dynamisches System, welches auf jede Änderung überraschend reagieren kann. Nimm mal dieses Erfolgsmodell mit den Bündnissen als Parteiersatz. Der Name bekommt plötzlich Priorität und Aufmerksamkeit. Wir hätten künftig keine Union oder Partei mehr in der Regierung, sondern nur noch Alternativen und Bündnisse mit Galionsfiguren, die man gerne zu den Talkshows einlädt.

Du meinst also, Ingo, so ein Bündnis Robert Habeck, sprich BRH, erhielte mehr Stimmen als die Grüne Partei?  Und Friedrich Merz würde seine getreuen Gefolgsleute in seinem eigenen Bündnis BFM versammeln? Vielleicht könnte man dadurch auch den aufgeblähten Bundestag drastisch verkleinern!

  • Ja, jetzt müssen wir nur noch mehr Frauen in unseren politischen Gebilden unterbringen. Und zu guter Letzt taufen wir unseren Staat in Bündnis-Republik Deutschland um, dann können wir sogar die Abkürzung BRD beibehalten.

Geniale Idee, Ingo. Das ist nun ein bündnisförderndes Symbol wert. Herr Wirt, bitte mal zwei Bier für unser neues Bündnis, dem BIJ.

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Für die Diktatur ist Klugheit,
für die Demokratie Dummheit
die größte Gefahr.

Thomas Berger (1952), deutscher Theologe und Schriftsteller


Die Verlierer an der Macht

Die CDU hat eine komplette Million Wähler an die AfD verloren, 510 Tausend SPD-ler und 420 Tausend der Linken wechselten zur AfD. Sogar zehn Prozent der Jungwähler machten ihr Kreuz auf dem AfD-Feld.
 Die Unzufriedenen haben nun eine Partei gefunden, die den „Herrschenden da oben“ heftig weh tut. Endlich kann man ihnen eine schallende Ohrfeige verpassen. Die bräsige Ruhe der Großen Koalition ist jetzt mit einem Schlag vorbei.
Das herkömmliche Parteiensystem mit seinen alten, oft vielfach in Interessenkonflikten verstrickten Herren ist an seine Grenzen angelangt. Diese lebten in den Tag hinein und planten munter den Fortgang der bisherigen Geschichte.

(Auszug Ingo Nöhr zum 1. Oktober 2017, nach der Bundestagswahl)

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